Protestantismus multikulturell

Foto (Pixabay) In Wien sprechen junge Theologinnen und Theologen über „Protestantismus zwischen Nationalismus und Weltoffenheit“

Das Forum Junge Theologie in Europa tagt online und bald auch in Wien

„Nationalismus gibt es auch in der Kirche“, sagt Volkmar Ortmann, Privatdozent für Kirchengeschichte aus Gießen. „Die Protestanten sind nämlich nicht überall so weltoffen, wie sie sich gern geben.“ Das habe viel mit den jeweiligen geschichtlichen Entwicklungen zu tun. „Der Protestantismus zeigt in Europa viele eigene Traditionen, bis hin zu nationalistischen Strömungen.“ 

Zur Bandbreite des Protestantismus zwischen Nationalismus und Weltbürgertum organisiert Ortmann jetzt zusammen mit seiner Kollegin Miriam Sauer das Forum Junge Theologie in Europa mit digitalen Vorlesungen und einer Tagung in Wien vom 11. bis 14. Mai 2022. „Sprache, Nationalität und Identität gehören natürlich eng zusammen,“ meint auch Miriam Sauer. So fänden evangelische Minderheiten wie in Siebenbürgen Kraft durch ihre kulturelle Prägung mit einer eigenen Identität. Heute käme es darauf an, protestantische Identität innerhalb eines multikulturellen Europas zu bewahren und zu aktualisieren. „Protestantische Einheit ist vielsprachig.“

Die digital academy tagt seit November 2021

Bereits seit November 2021 tauschen sich 48 junge protestantische Theologinnen und Theologen in Internet-Vorlesungen aus. Sie kommen aus neun europäischen Ländern sowie aus Chile. Konferenzsprache ist englisch. Bei ihren Zoom-Treffen fragen sie, wie die protestantischen Kirchen auf den erstarkenden Nationalismus reagieren können. Und sie überlegen, wie wichtig ihnen ihre eigene nationale Verankerung für ihre protestantische Identität ist. Nach der siebten digitalen Vorlesung liegt nun eine Tagung in Wien vor ihnen, wo sie sich erstmals persönlich begegnen werden. 

Protestantismus ist vielsprachig

Etwa 100 protestantische Kirchen in Europa bilden Gemeinschaft Evangelischer Kirchen In Europa (GEKE). Bereits seit den Anfängen der Reformationszeit sind diese Kirchen national fest verwurzelt, wie Generalsekretär Mario Fischer bereits in der ersten digitalen Vorlesung feststellte. Doch die Gesellschaftsmodelle seien vielfältig und komplex, und das gelte auch für die Kirchen. Jenseits aller unterschiedlicher Traditionen, Sprachformen und Identitäten eine sie der gemeinsame protestantische Glaube. Die GEKE könne daher als ein Beispiel für Einheit in versöhnter Verschiedenheit gesehen werden.

Evangelische Minderheiten müssen sich positionieren

Gerhard Servatius Depner vom Zentrum für Evangelische Theologie Ost (ZETO) im rumänischen Sibiu/Herrmannstadt hat einen Plan: „Als Protestanten und Angehörige der deutschsprachigen Minderheit in Rumänien müssen wir uns positionieren“. Wie der multikulturelle Protestantismus aussehen könnte, wird die Tagung in Wien über die „Aussichten für Zukunft des Protestantismus“ zeigen. Servatius Depner freut sich schon auf den zweiten Teil des Tagungsprogramms, wenn 2023 junge theologische Gäste aus ganz Europa nach Hermannstadt kommen werden. 

Projektpartner und Unterstützung

Als Veranstalter konnte der Evangelische Bund Hessen das Zentrum für Evangelische Theologie Ost (ZETO) in Hermannstadt und die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) als gewichtige Projektpartner gewinnen. Die Europäische Union fördert den internationalen Austausch mit seinem Erasmus+ Programm.

Alle Informationen zum Projekt mit inhaltlichen Zusammenfassungen und Videomittschnitten der digitalen Vorlesungen zeigt die Internetseite www.junge-theologie.de. Die Seite kann in elf Sprachen gelesen werden.


Marcel Kehr
Geschäftsführer beim Evangelischen Bund Hessen
marcel.kehr@evangelischer-bund.de

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