Rückblick: Johannisempfang 2025

„Von der Ökumene lernen“ – Anregungen für eine Gesellschaft im Gespräch. So lautete der Titel des Impulsvortrags der hessen-nassauischen Kirchenpräsidentin Prof. Dr. Christiane Tietz. Sicher auch vom Interesse an ihrem persönlichen Kennenlernen geleitet, kamen am 27. Juni circa 80 geladene Gäste der Einladung des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim und des Evangelischen Bundes Hessen nach, darunter Personen aus der Politik, aus ökumenischen Partnerkirchen, aus dem Präsidium und der Mitgliederliste des Evangelischen Bundes.

In differenziertem Konsens und begrenztem Dissens leben

Kirchenpräsidentin Tietz begann ihren 30-minütigen Impuls mit dem Rückblick auf die Geschichte der Ökumenischen Bewegung. Schon den christlichen, konfessionell verschiedenen Missionswerken des 19. Jahrhunderts sei schnell klar geworden, dass eine Abgrenzung und Betonung der konfessionellen Unterschiede das Zeugnis Jesu Christi in der zu missionierenden Welt unglaubwürdiger machte. Klar wurde, dass es zwischen Katholiken und Protestanten einen Grundkonsens in der Bedeutung Jesu Christi gebe, der unaufhebbar sei, selbst wenn Einzelfragen zu Ethik oder gar kirchlichen Strukturen sehr unterschiedliche beantwortet wurden – und auch heute noch werden. Mehr als hundert Jahre später trete die Ökumene mit dieser Grundeinsicht auch offensiver auf und lasse sich weniger leicht auseinander dividieren. Selbst differenzierte Debatten über Sterbehilfe und den Schutz ungeborenen Lebens als wichtige Fragen unserer Zeit hätten auf der Grundlage des grundsätzlichen Konsenses und des erarbeiteten Vertrauens produktiv bearbeitet werden können – auch dort, wo der Dissens am Ende sichtbar blieb.

Was nun die (deutsche) Gesellschaft von der ökumenischen Bewegung lernen könne, sei die Identifizierung solcher Grundkonsense. Soziologisch durch Studien zu politischen Grundhaltungen (etwa: Man muss etwas gegen den Klimawandel tun | Deutschland soll ein offenes Land sein | Jeder soll ein auskömmliches Einkommen haben), aber auch verfassungsgeschichtlich, etwa über Artikel 1 der Deutschen Verfassung: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Wenn politische Akteure diese Grundkonsense öffentlich stärker betonten, sei es für Kräfte von Links- oder Rechtsaußen schwerer, den Eindruck zu erwecken, unsere Gesellschaft drifte auseinander. Das sei so nämlich empirisch nicht nachzuweisen. Ganz so leicht sei dies nun aber doch nicht, so Tietz, denn die Ökumene habe gezeigt, dass verletztes Vertrauen zunächst geheilt oder wiedergewonnen werden müsse. Auch dazu brauche unsere Gesellschaft zeitgemäße Mittel.

Hessischer Hochschulpreis und Verabschiedung

Wie unterschiedliche (Glaubens-)traditionen miteinander ins Gespräch kommen können, zeigte an den Vortrag anschließend die Würdigung des diesjährigen hessischen Hochschulpreisträgers Evangelos Tses. Jurymitglied Prof. Dr. Pinggéra würdigte seine Arbeit zu Dietrich „Bonhoeffer als ökumenischer Theologe – Evangelische und orthodoxe Theologie im Gespräch“ und führte in ihre Gedankengänge ein. Glückwünsche kamen von Kirchenpräsidentin Tietz und den Vorsitzenden des Evangelischen Bundes Hessen, Matthias Ullrich und Astrid Maria Horn. Der Preis ist mit 1.000€ dotiert.

Nach jahrzehntelanger ehrenamtlicher und nebenamtlicher Tätigkeit im Verein verabschiedete der EB Hessen dann „Urgestein“ Hans Genthe. Immer mit dem Blick für die Öffentlichkeitswirksamkeit der Vereinsarbeit und dem Händchen für Grafikdesign und knackige Formulierungen – so würdigte Matthias Ullrich die gemeinsame Zeit. Die nun freigewordene Zeit wolle er nun mit seiner Frau Susanne genießen, einen kleinen Beitrag dazu bekam er als Abschiedsgeschenk gleich mit. Herzlichen Dank, lieber Hans!