Seit 75 Jahren wird in Bensheim geforscht

Konfessionskundliches Institut in Bensheim
Der Evangelische Bund hat 1947 das Konfessionskundliches Institut in Bensheim gegründet (Foto Genthe)

Zu den Neuanfängen des Evangelischen Bundes nach dem zweiten Weltkrieg zählte 1947 die Gründung des Konfessionskundlichen Instituts in Bensheim. Am 27. Oktober 2022 wurde im Wolfgang-Sucker-Haus in Bensheim der Gründung vor 75 Jahren im Rahmen eines Studientages gedacht. Etwa 60 geladene Gäste waren aus ganz Deutschland zum Jubiläum angereist.

Den Nächsten kennen wie sich selbst

Getreu dem Leitwort des Konfessionskundlichen Instituts, „Den Nächsten kennen wie sich selbst“, sprachen hochrangige  Gäste zum Thema der Ökumene aus Sicht verschiedener Konfessionen. Professorin Johanna Rahner aus Tübingen trug zum Thema Ökumene aus römisch-katholischer Sicht vor. Diplom-Theologe Georgis Vlantis aus München berichtete über Ökumene aus orthodoxer Sicht, und Professor Markus Iff aus Ewersbach hat die Ökumene aus freikirchlicher Sicht beleuchtet.

In einem Abendvortrag in der Bensheimer Stephanusgemeinde begrüßte Christian Schad, der Präsident des Evangelischen Bundes, Bischöfin Kirsten Fehrs zu einem Festvortrag. Die stellvertretende Ratsvorsitzende der EKD sprach vor einem erweiterten Publikum über die Ökumene aus evangelischer Sicht.

Wissenschaftliche Arbeit durch späteren Kirchenpräsidenten angestoßen

Auf Betreiben des späteren Bundesdirektors und Präsidenten des Evangelischen Bundes, Wolfgang Sucker (1905-1968) wurde am 1 November 1947 das Konfessionskundliche Institut als wissenschaftliche Arbeitsstätte des Evangelischen Bundes in Bensheim an der Bergstraße gegründet. Heute bearbeiten hier sechs wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Ehrenamtliche im Themenspektrum der Ökumene und Konfessionskunde, der Konfessionen und Kirchen.

Durch sein Konfessionskundliches Institut hat der Evangelische Bund die konfessionelle Frage ganz neu und anders als bisher aufgriffen. In Zeiten konfessioneller Auseinandersetzungen 1886 als „Kampfbund zur Wahrung deutsch-protestantischer Interessen“ gegründet, wuchs der Evangelische Bund nach der Jahrhundertwende zu einem großen Verein mit einer halben Million Mitgliedern an. Zur Zeit der Naziherrschaft nahm seine Bedeutung ab, denn unter seinen Mitgliedern gab es nicht nur Bekennende Christen, sondern auch braune Mitläufer. Mit dem neuen Institut legte der Evangelische Bund in den Zeiten des ökumenischen Aufbruchs schließlich den Grundstein für wissenschaftliche Arbeit.

Ratgeber für Kirchen und Wissenschaft

In den ersten 30 Jahren bildete die sogenannte Catholica-Arbeit den Schwerpunkt konfessionskundlichen Forschens und Studierens, Derzeit gibt es außer dem Catholica-Referat vier weitere Referate, die sich mit Orthodoxie, Freikirchen, Anglikanismus und Weltökumene wie auch mit konfessionsübergreifenden Fragen beschäftigen.

Das Konfessionskundliche Institut hat in den vergangenen Jahren kirchengeschichtliche Akzente gesetzt. So trägt ein wichtiges Dokument der jüngsten europäischen Kirchengeschichte die Handschrift des deutschen Ökumene-Experten Reinhard Frieling, der von 1981 bis 1999 das Institut leitete. Frieling gehört zu den maßgeblichen Autoren der „Charta Oecumenica“ der Kirchen Europas, die 2001 in Straßburg von der Konferenz Europäischer Kirchen und dem Rat der katholischen Bischofskonferenzen Europas beschlossen wurde. In dem Papier verpflichten sich Protestanten, Orthodoxe und Katholiken zur Mitarbeit am Aufbau eines sozialen Europas und zu mehr Einheit unter den Christen.

Europaweite Zusammenarbeit

Mit anderen wissenschaftlichen Institutionen wie der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungen in Berlin, dem katholischen Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn, den ökumenischen Instituten in Heidelberg und Tübingen gibt es eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Auch mit dem ökumenischen Institut der Benediktinerabtei Niederaltaich und mit Einrichtungen wie dem Centro Melantone in Rom arbeitet das Konfessionskundliche Institut zusammen.


Hans Genthe
Referent für Öffentlichkeitsarbeit des EB-Hessen
hans.genthe@evangelischer-bund.de
0179 2405996

2 Replies to “Seit 75 Jahren wird in Bensheim geforscht”

  1. Ich habe mich riesig darüber gefreut, was in den letzten Tagen auf verschiedenen Kanälen in unterschiedlicher Weise über „75 Jahre KI“ berichtet wurde, auch über den gelungenen Festakt am 27.Okt. in der Bensheimer Stephanusgemeinde. Da ich mit der Geschichte des KI eng verbunden bin, darf ich doch zwei Korrekturen anbringen: 1. Reinhard Frieling war Institutsleiter und Bundesdirektor von 1981 bis 1999; bei „50 Jahre KI“ im Jahr 1997 war er noch voll dabei. Er hat sich auch gefreut, dass Präsident Schad ihn beim Festakt bes. begrüßt hat. 2. Die „Charta Oecumenica“ wurde 2001 in Strasbourg nicht ratifiziert, sondern der KEK und dem Rat der kath. Bischofskonferenzen Europas beschlossen. Die Ratifizierung erfolgte in den einzelnen Länder sehr unterschiedlich oder gar nicht. In Deutschland beim Ersten Ökumenischen Kirchentag 2033 in Berlin.

    1. Lieber Walter, Schön, dass Du diese ganzen Dinge so aufmerksam verfolgst. Und Dank für Deine Korrekturen. Ich habe sie sogleich eingearbeitet. Eines muss ich allerdings korrigieren, nämlich einen Tippfehler am Ende: der ökumenische Kirchentag war 2003.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert