Gesellschaft, Geld und Glaube

Bensheimer Winterakademie
Gut besucht war die erste Veranstaltung der Bensheimer Winterakademie 2023 (Foto Sephanusgemeinde)

Auftaktveranstaltung der Bensheimer Winterakademie am 15. Februar

Für nachdenkliches Erstaunen sorgte Carsten Simmer in der Bensheimer Winterakademie am 15. Februar, nur knapp die Hälfte aller evangelischen Kirchenmitglieder müssten Kirchensteuer zahlen. Simmer müsste es wissen, denn er ist der Finanzchef der Evangelischen Kirche in Deutschland. Am ersten Abend der Reihe „Zukunft der Kirche – Kirche der Zukunft“ ging es um das Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Die Bensheimer Winterakademie richtet die Stephanusgemeinde zusammen mit dem Evangelischen Bund Hessen aus.

Simmer nannte die Kirchensteuer ein „hochsolidarisches System“, das mit freiwilligen Beitragszahlungen nicht zu erreichen sei. Unter Berücksichtigung sozialer und einkommensrelevanter Kriterien sei die Last sozial gerecht verteilt. So werde beispielsweise ein Platz in einer Kita mit durchschnittlich 1.000 Euro aus Kirchensteuern bezuschusst. Damit werde der finanzielle Aufwand kirchensteuerpflichtiger Eltern, die eine solche Einrichtung nutzten, mehr als ausgeglichen. Die soziale Komponente der Kirchensteuer sei wenig bekannt und werde in der öffentlichen Diskussion häufig nicht angesprochen. Eine „planungssichere und sozial gerechte Finanzierungsform“ nannte der EKD-Finanzchef die Kirchensteuer. Wegen der Gebühren, die die Kirche an den Staat zahlen müsse, sei diese vorteilhaft für beide Seiten.

Wie sich Staat und Kirche über Jahrhunderte schrittweise getrennt haben, beschrieb Rebecca Müller, Professorin am Theologischen Seminar Herborn. Aus der Geschichte sei eine „hinkende Trennung“ der beiden Institutionen erwachsen. Sie nannte Martin Luther, der in seiner Zwei-Reiche-Lehre die Mächte dieser Welt und das Reich Gottes klar trenne. Im Zuge der Reformation habe das Landesherrliche Kirchenregiment die konfessionellen Spannungen so gelöst, dass der Landesherr die Konfession seiner Untertanen bestimmt habe. Im 19. und 20. Jahrhundert hätten sich Staat und Kirche weiter entflechtet bis zur Trennung im Grundgesetz.

Nach Müllers Ansicht geht es heute vor allem um die Frage, wie Kirche mit ihrem Auftrag „öffentliche und öffentlich wirksame Kirche“ bleiben kann. Die Herborner Professorin sieht die beiden großen kirchlichen Gemeinschaften in einem beständigen Prozess der Anpassung und Neuorientierung, wobei ihnen gerade in der pluralen Zivilgesellschaft ein wichtiger Platz zukomme.

Als „ anregenden und erkenntnisreichen Austausch zu Gegenwart und Zukunft des Verhältnisses von Kirche und Staat in Deutschland“ wertete Organisator Jens Witte von der evangelischen Stephanusgemeinde den Auftakt der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Kirche der Zukunft – Zukunft der Kirche“. Weiter geht es am 28. Februar um 19.30 Uhr mit „Gemeinde(leben) und Digitale Kirche“. Und am 16. März lautet das Thema „Zukunft der Gemeinde“. Das Evangelische Gemeindehaus in der Eifelstraße 37 ist ab 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.  Weitere Informationen gibt es auf www.stephanusgemeinde.de.

One Reply to “Gesellschaft, Geld und Glaube”

  1. „Nach Müllers Ansicht geht es heute vor allem um die Frage, wie Kirche mit ihrem Auftrag „öffentliche und öffentlich wirksame Kirche“ bleiben kann. Die Herborner Professorin sieht die beiden großen kirchlichen Gemeinschaften in einem beständigen Prozess der Anpassung und Neuorientierung, wobei ihnen gerade in der pluralen Zivilgesellschaft ein wichtiger Platz zukomme.“

    Indem die Kirche als Organisation sowie ihre Repräsentanten „oben“ wie auch „vor Ort“ glaubwürdig(!) den Auftrag (hier den der EKD) in der Öffentlichkeit vertreten.
    S. dazu:
    Grundordnung der EKD bzw. Grundordnungen der Landeskirchen – Stichworte:
    – Bibel (als das „Wort Gottes“, welches durch Menschen niedergeschrieben wurde),
    – Bekenntnisse (Altkirchl. wie auch Reformatorische),
    – Barmer Theol. Erklärung (als Handlungshinweise, wenn die „Kirche“ durch Ideologien und Weltanaschauungen „verwässert“ wird).

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