Soll die Kirche in ihren Einrichtungen den assistierten professionellen Suizid ermöglichen?
„Von Sterbebegleitung bis Suizidhilfe“ war das Thema eines Webinars, zu dem der Evangelische Bund Hessen am 5. Mai eingeladen hatte. Das Interesse war so groß, dass bei hundert Anmeldungen der Einlass zu Zoom gestoppt werden musste. Kirchenpräsident Volker Jung aus der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Theologie-Professorin Isolde Karle und Maik Dietrich-Gibhardt vom Vorstand der Diakonie Hephata diskutierten mit Moderatorin Juliane Schüz die schwierigen Fragen der Suizidassistenz.
Nachdem der Bundestag die geschäftsmäßige Suizidhilfe per Gesetz verboten hatte, hat das Bundesverfassungsgericht reagiert und 2015 das selbstbestimmte Sterben im Grundgesetz verankert. Die Professorin Isolde Karle hat sich ausführlich mit diesem Thema beschäftigt und sie findet es bitter, „dass wir dieses Thema in einem Gesetz fassen mussten“, und es nun nicht mehr nur „in die Verantwortung der Ärzte legen können“. Das Lebensende sei so weit jenseits von einem Gesetz!
Suizid als eine außerordentliche Möglichkeit
Im Webinar des Evangelischen Bundes beschrieb die Theologieprofessorin den begleiteten Suizid als eine außerordentliche Möglichkeit (nie als Regelfall) seelsorgerischer Begleitung durch fachlich-erfahrenes Personal, möglichst durch die Diakonie. Es gehe doch gerade darum, die Polarisierungen an den Grauzonen dieses Themas zu überwinden und offen für qualifizierte Entscheidungen zu sein. Und das seien immer konkrete Einzelentscheidungen. Und Karle fragte, ob das Recht auf Selbstbestimmung nicht nur für terminal Erkrankte gelte, sondern auch für psychisch Kranke und Langzeitkranke.
„Ich war der Überzeugung, dass es in diesem Graubereich einen Platz der persönlichen Verantwortlichkeit geben kann – und sogar geben muss!“ entgegnete Volker Jung. Beratungseinrichtungen mit offenem Ausgang wie im Gesetzesentwurf von Karl Lauterbach lehnte der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau kategorisch ab. Er hielte es für „die Stärke des protestantischen Ansatzes, die Gewissensentscheidung zu profilieren“. Für ihn lautet die große theologische Frage „Wie schaffen wir es, dass niemand dadurch in eine Drucksituation kommt?“ Für Patienten wie für Ärzte und begleitende Personen müsse es bis zuletzt Möglichkeiten der Entscheidung geben. Es gehe darum, Selbstbestimmung und Lebensschutz zu verbinden.
mit dem Sterbewunsch Einzelner auseinandersetzen
„Wenn wir den Menschen bei uns ein gutes Heim im Leben und im Sterben sein wollen“, sagte Maik-Dietrich-Gibhardt von der Hephata Diakonie, dann „müssen auch wir uns mit dem Sterbewunsch Einzelner auseinandersetzen“. Für Gibhardt ist es noch eine absolut offene Frage, wie diakonische Einrichtungen das umsetzen sollen. Sterbehilfevereine möchte er nicht in die Einrichtungen der Diakonie einlassen. Aber „wir können nicht und wir wollen nicht die besseren christlichen Sterbehelfer werden. Das ist ein No-Go“. Man wolle aber auch keinen, nach langer Begleitung in der Diakonie, allein lassen. Noch seien die Positionen innerhalb der Diakonie nicht abgestimmt. Denn eine feste Vorgehensweise, eine Regelung, sei wiederum nicht im Sinne der Sache. Der Meinungsbildungsprozess sei in vollem Gange.
Für die Gesprächspartner ist es selbstverständlich, dass Kirche und Diakonie die Suizidassistenz nicht als Angebot verstehen, zu dem man einlade. Suizidhilfe sei aber in vielen Einzelfällen nötig und müsse möglich sein. Und es handele sich immer um eine individuelle Einzelentscheidung. Im Anschluss an die Diskussion fanden Kleingruppen-Gespräche statt, deren Ergebnisse und offene Fragen zum Abschluss im Plenum gehört wurden. Es zeigte sich, dass viele das Bedürfnis nach weiterer Aussprache hatten. Mit Spannung wird nun das kommende Bundesgesetz zur vom Bundesverfassungsgericht geforderten Neuregelung der Sterbe- und Suizidhilfe erwartet.
Kontakt:
Dr. Juliane Schüz
Juliane.schuez@evangelischer-bund.de
Sehr geehrte Damen und Herren,
leider hat mich die Einladung zu der Veranstaltung über assistierten Suizid erst heute erreicht und ich werde morgen wegen unserer zeitgleich stattfindenden Dekanatskonferenz nicht teilnehmen können.
Es würde mich sehr freuen, wenn man die Veranstaltung später nachhören kann. Dann könnte ich diese Möglichkeit auch den Ehrenamtlichen unserer TelefonSeelsorge weitergeben.
Ist das vorgesehen?
Mit freundlichen Grüßen
Pfrn. Martina Schmidt
Sehr geehrte Frau Schmidt,
das ist sehr schade, dass Sie heute nicht teilnehmen können. So ist das manchmal mit den Terminkollisionen. Aber ich muss Ihnen auch sagen, dass das Webinar mit 100 Personen auch ausgebucht ist. Wir haben einen Mitschnitt nicht eingeplant. Der ist technisch einfach, aber juristisch kompliziert, denn dann müssen alle zustimmen. Ob es eine Wiederholung gibt, das kann ich nicht sagen. Wenn, dann vielleicht in anderer Form. Wir werden auf jeden Fall berichten.
Beste Grüße
Hans Genthe
Toleranz ist, sich selbst an den Datenschutz zu halten und den Rest den Gesetzlosen zu überlassen.