Boykott oder Begeisterung? Diese Frage hat Moderatorin Juliane Schüz im Webinar zur Fußball WM 2022 am 4. November gestellt. Es ging um die Faktenlage in Katar und darum, welche ethische Position Christen und Christinnen zu dieser WM einnehmen können. Wie zu erwarten war, sind die Meinungen unterschiedlich, und zwar weil die Fakten unterschiedlich bewertet werden können, und weil ethische Positionen und moralische Urteile durchaus nicht dasselbe sind.
Hier ein paar Schlaglichter aus den Vorträgen
Sylvia Schenk (Leiterin der Arbeitsgruppe Sport von Transparency International)
- Die FIFA hat im Jahr 2010 die WM nach Katar vergeben, ohne sich um die Menschenrechtssituation zu kümmern. Das war in sich eine falsche Entscheidung.
- Jeder Tote ist einer zuviel, aber nicht jeder Tote ist eine Menschenrechtsverletzung. Bei den in den Medien präsenten Zahlen zu Todesfällen unter den Migrantenarbeitern muss man sehr differenziert hinschauen, worauf sie sich beziehen. Konkret auf den WM-Baustellen sind nicht Hunderte oder Tausende, sondern höchstens Dutzende aus sehr verschiedenen Gründen ums Leben gekommen sind.
- Katar hat in kurzer Zeit grundlegende Änderungen durchlaufen, was die Menschenrechte und Transparenz angeht und ist damit in der gesamten Golf-Region in seiner Entwicklung deutlich vorn.
- Man kann kein Land von außen verändern, man muss mit den Reformkräften zusammenarbeiten.
Frank Martin Brunn (Uni Frankfurt, Verfasser des Buches Sportethik. Theologische Grundlegung und exemplarische Ausführung)
- Katar verfolgt die geopolitische Strategie, durch die gezielte Förderung von sportlichen und kulturellen Ereignissen seine Sichtbarkeit zu vergrößern. Kulturpolitik als Friedensstrategie oder als sicherheitspolitische Strategie scheint doch besser zu sein, als sich mit Atomwaffen auszustatten.
- Die Fairness, die auf dem Platz eingefordert wird, sie muss auch im Umfeld gelten. Es gibt keine andere Instanz, als die globale Öffentlichkeit, die hier Einfluss nehmen kann.
- Der faire Streit um die WM ist wichtig, denn wir werden nur eine bessere Welt kriegen, wenn sie vielstimmig ist und man irgendwie zu einem Konsens irgendwie kommt.
Florian Beisheim (Aufsichtsrat KSV Hessen-Kassel)
- Die WM in Katar ist nur die Spitze des Eisbergs, der Fußball krankt – ganz allgemein: Ticketpreise, Spielerpreise, Rahmenbedingungen…
- Man muss überlegen, mit welchen Investitionen und welchen Handlungen man was fördert. Kleine Dinge, die wir alle in der Hand haben, können für die weitere Entwicklung des Fußballs große Bedeutung bekommen.
- Es gibt wenig, was auf der Welt so sehr verbindet, wie der Fußball und es gibt keine WM, die so wenig verbinden wird, wie der Fußball im Dezember diesen Jahres.
Die Playlist auf Youtube zeigt
- Einführung mit Johannes Lösch und Elisabeth Engler-Starck (10:19)
- Vortrag Sylvia Schenk (13:50)
- Vortrag Frank Martin Brunn (15:32)
- Vortrag Florian Beisheim (11:56)
- Diskussion (31:37)